47. Kyosanimlehrgang in Hamburg

Es braucht Mut, um auf einen Lehrgang zu fahren

Ein Lehrgang ist die Chance, sich vom Alltag zurückzuziehen. Für viele ist es wirklich schwierig, einen Schritt zurückzutreten und aus dem täglichen Hamsterrad auszusteigen. Es braucht Mut und Entschlossenheit, sich Zeit für den Lehrgang zu nehmen und ihn nicht als störendes Element in den wichtigen Routinen des Alltag zu sehen. Tatsächlich ist es einfacher, nicht hinzufahren, sondern auf dem Highway weiterzudüsen ohne nach links oder rechts zu sehen.

Das Wochenende, an dem der Kleiderschrank ausgemistet werden soll, muss verschoben werden. Du musst die Familienfeier absagen. Diese eine Extraaufgabe, der du nachkommen wolltest, kann nicht erfüllt werden. Es gibt viele Gründe, nicht hinzufahren. Das Hamsterrad ist wie eine Sucht, die lebensnotwendig erscheint - wenn du ein Teil davon bist.
Jedoch...
Von dem Moment an, in dem du den Dojang betrittst, den Trainingsort oder das Sommerlager, wo du den Dobok anziehst (den du eine Zeitlang mehr als deine normale Kleidung tragen wirst), wird all der Lärm von Facebook, Instagram, Emails und SMS so unwichtig!
Die Meditation, die Bewegung und der Atem werden das Zentrum deiner Aufmerksamkeit. Du fängst wieder an zu fühlen. Vielleicht reflektierst du sogar. Wie geht es mir wirklich, wenn ich aus der Tyrannei des Hamsterrades aussteige?Die Tretmühle, die so extrem wichtig erschien, bedeutet plötzlich so wenig.
Das war mein Gefühl, das ich während des Kyosanim Frühlingslehrgang in Hamburg dieses Jahr mehr als sonst gespürt habe. Ich war gerade mitten in der Fertigstellung meiner Doktorarbeit und hatte nur noch zwei Wochen bis zur Abgabe, aber ich wollte wirklich hin. Es schien unmöglich. Schließlich fuhr ich nach Hamburg, zuerst etwas verwirrt und fehl am Platz. Aber als ich ankam und begann, mich zu bewegen, fühlte sich alles richtig an und nicht wie eine falsche Entscheidung. Ich hatte Sorge, dass ich meine Gedanken zur Doktorarbeits nicht aus dem Kopf bekommen würde. Als ich vom Lehrgang heimkam, war ich natürlich müde, aber nicht ausgebrannt. Ich erkannte, dass die Tage, die ich mir genommen hatte, keinen schlechten Einfluss auf meine Arbeit hatte. Meine Energie war zurück und auf einem hohen Level.
Ich konnte hoch zufrieden meine Doktorarbeit 2,5 Wochen später einreichen. Es hatte viel Mut gebraucht, um hinzufahren, aber das Resultat war toll - auf viele verschiedene Weisen.

von Sam Bruun-Lund, 1. Dan - 29. Ki, Dojang Hvidovre, DK